von Johann Poschinger, März 2017

 

Einleitung

 

Mikropolitik [1] ist für jede Organisationseinheit etwas Natürliches, Existentielles und etwas ganz Normales.

 

Sie ist für die Individuen einer OrgEinheit, die nur das Hakeln [2] kennen und wollen, und keine Karrieristen sind, meist etwas Unbekanntes, Nichtnotwendiges oder Verpöntes, wenn auch Reales. Man überlässt es den Organisationsvorständen, Managern (vor allem den Angehörigen der Personal- und Organisations-Referate und -Abteilungen). Wenn es so ist, gehört die Mikropolitik zum Personal-, Organisations-, Zeit-, Qualitäts-, Ressourcen-, Facility-, Safety-, Security- und Qualitäts-Management.

 

Hier allerdings geht es um die delinquente Form der Mikropolitik, einer Mikropolitik, die vorgibt formal i.S.d. Personal- und Organisations-Managements zu agieren, in Wirklichkeit diese aber nur als Feigenblatt benutzt. Die Verantwortlichen, Mächtigen, Vorgesetzten, Herrscher oder Personal- und Organisationsverantwortlichen generieren motivational höchst egoistische Motive, welche sogar die offiziellen und legalen Organisationsziele unterlaufen können, um das eigene Ziel zu erreichen [3].

 

Wichtige Parameter für eine mikropolitische Handlung sind die Abstrakta: Legalität, Illegalität und Extralegalität, aber auch die Legitimität.

 

Unter Legalität wird das Rechtskonforme, unter Legitimität wird das Gerechte im Zusammenhang mit dem (offiziellen) Handeln verstanden. Unter Legalität versteht man grundsätzlich die Rechtmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit oder Zulässigkeit einer Handlung, Duldung oder Unterlassung, basierend auf formalem und materiellem Recht, welches (organisatorische, personale, polizeiliche, gerichtliche usw.) Interaktionen rechtskonform – d.h. allgemein anerkannt und mit Autorität durchsetzbar – ermöglichen.

 

Unter Legitimität versteht man grundsätzlich die allgemeine Akzeptanz und Anerkennung einer Handlung, welche durch einen Vorgesetzten (Personal- oder Organisations-Manager, eine Behörde, ein Amtsorgan usw.) realisiert wird.

 

Unter Extralegalität versteht man ein Handeln, außerhalb des vorgegebenen normativen Rahmens (i.S.d. Strafrechts wäre dies möglicherweise i.S.e. echten Lücke möglich, alles andere wäre eher normabweichend oder sogar kriminell).

 

Unter Illegalität versteht man das normabweichende oder sogar kriminelle Verhalten einer Person.

 

Die Legalität ergibt sich aus dem Gesetz (das gesatzte Recht); die Legitimität definiert der Mensch, der Mitarbeiter, die Bevölkerung, das Subjekt, das dem Gesetz unterworfen ist. Einmal ist es der Staat, der für die Rechtmäßigkeit steht, der bestimmt, was Recht, also Legalität, ist. Einmal ist es das Individuum, welches sagt, was gerecht, also legitim, ist. Beide (Legalität und Legitimität) begegnen sich in Form eines Dualismus wechselseitig – vor allem in Form einer Legitimationskette.

 

Legalität, Extralegalität und Illegalität haben zueinander relationale dynamische und diskursiv-systemische Dimensionen, welche sich wechselseitig beeinflussen; weiters wird jeder dieser Begriffe nochmals durch weitere Dimensionen (Lokations-, Stabilitäts- und Kontrolldimension) systemisch beeinflusst, zudem kommen dann noch die Aspekte: Ethik, Moral, Ästhetik, Kompetenz, Performanz, Autorität, usw..

 

Die Lokationsdimension zeigt an, wo die Legalität lokalisiert werden kann; innerhalb der Person oder temporär-situativ in äußeren Raum-Zeit-Kontext-Ereignissen.

 

Die Stabilitätsdimension zeigt an, wie stabil oder labil die Legalität ist; ob sie auch in Zukunft noch existiert oder nur situativ-temporär für kurze Zeit.

 

Die Kontrolldimension zeigt an, wer die Legalität kontrolliert; das Individuum selbst und unbeeinflusst (Selbstkontrolle) oder durch äußere Manipulation durch eine dritte Person (Fremdkontrolle).

 

Neben der Legalität und der Legitimität gibt es noch die Legitimation, aus der eine Kette von gewollten und gesollten Handlungen abgeleitet wird, die bestätigen, dass alles rechtens, gerecht und repräsentativ (i.S.e. OrgEinheit, einer Vorschrift usw.) ist.

 

Um legal und legitim agieren zu können – also sozial (oder personal-organisatorisch) anerkannt – muss der Personal- / Organisations-Chef oder der Vorgesetzte – gegenüber dem Mitarbeiter – mit Potestas agieren.

 

Unter Potestas versteht man die legale Gewalt, die der Vorgesetzte, Chef oder Personal- / Organisations-Chef anwendet, um Veränderungen herbei zu führen. Das Gegenteil wäre die illegale Gewalt, die Violentia.

 

Bei der delinquenten Mikropolitik versteckt ein Mächtiger (Chef, Abteilungsleiter, Direktor, Personalchef usw.) seine egoistischen (und illegalen) Handlungen (also Violentia) hinter seiner formalen Macht (also Potestas). Potestas camouflagiert Violentia. Und auch wenn die Mitarbeiter spüren / ahnen (oder sogar wissen), dass hier etwas schräg gelaufen ist, haben alle Angst, dies anzusprechen, denn er ist ja der Chef.

 

Begriffe wie Code of Silence, Postenvergabe, Karrierepfade, Patronage, Don Corleone-Prinzip, Vetternwirtschaft, Eiserne Faust der Macht, Vergiftetes Lob, Cashiering usw. sind in der delinquenten Mikropolitik allgegenwärtig.

 

Und wenn man die Definitionen von Mikropolitik liest – sie ist hinterhältig, egoistisch, machtgierig, verleumderisch, skrupellos, gemein, ungerecht, kriminell, diskriminierend usw. –, glaubt man auch sofort zu wissen, warum dies so ist. Sie ist etwas für einen kleinen Kreis von Eingeweihten, die sich innerhalb einer OrgEinheit als elitäre Macht versteht und nach ihren eigenen Gesetzen vorgeht; erkennt man als Mitarbeiter, dass es innerhalb einer OrgEinheit folgendes gibt: capsula interna – idea interna – reservatio mentalis (interner Kreis von Eingeweihten – Geheimidee der Eingeweihten – ein geheimer Vorbehalt der Eingeweihten), dann wird (eventuell delinquente) Mikropolitik betrieben.

 

Über (delinquente) Mikropolitik (sie gehört eigentlich zu dem Teil der Kriminologie / Kriminalistik, die solches delinquentes Vorgehen in den Täter- und Kriminalitätsformen widerspiegelt), gibt es in der bereits existierenden Literatur schon viel dokumentiertes. Hier wird der Fokus auf die polizeiliche Mikropolitik gelegt.

 



[1] Hier liegt der Fokus auf dem Gebiet: Mikropolitik und Polizei.

[2] Malochen, Arbeiten, auftragsgemäß Handeln usw..

[3] Siehe unten, insbesondere: Legalität, Extralegalität, Illegalität, Legitimität, Don-Corleone Prinzip, Patronage.